📌 Infektionsepidemiologie – Cheat Sheet


🔍 1. Einführung in die Infektionsepidemiologie

  • Infektionskrankheiten: Erkrankungen, die durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten verursacht werden.
  • Übertragungswege:
    • Direkte Übertragung: Tröpfcheninfektion (Grippe, Masern), Blut-zu-Blut (Hepatitis B), Schleimhaut-zu-Schleimhaut (Chlamydien), Hautkontakt (Staphylococcus aureus).
    • Indirekte Übertragung:
      • Vektoren (z. B. Mücken bei Malaria, Dengue).
      • Medien (z. B. Wasser bei Cholera, Lebensmittel bei Salmonellen).
      • Luftpartikel (z. B. Tuberkulose).

🦠 2. Stadien einer Infektion

  1. Anfälligkeit (Susceptible, SS): Noch nicht infiziert, aber empfänglich.
  2. Infektion: Eindringen des Pathogens in den Körper.
  3. Latenzzeit: Zeitraum zwischen Infektion und Ansteckungsfähigkeit.
  4. Infektiöse Phase: Erkrankte Person kann andere infizieren.
  5. Endzustände: Immun, wieder anfällig oder verstorben.

Beispiele:

  • Masern: Latenzzeit 6-9 Tage, infektiöse Phase ca. 8 Tage.
  • HIV: Latenz wenige Tage bis Wochen, infektiöse Phase lebenslang.

🕒 3. Wichtige epidemiologische Zeitbegriffe

  • Inkubationszeit: Zeit zwischen Infektion und Symptombeginn.
    • Beispiel: Stunden bis Jahre, je nach Krankheit.
  • Generationszeit: Zeit von der Infektion einer Person bis zur Infektion von Sekundärfällen.
  • Serielles Intervall: Zeit zwischen dem Symptombeginn der ersten Person und der Sekundärfälle.

📊 4. Reproduktionszahl (RR)

  • Basisreproduktionszahl R0R_0: Anzahl der Personen, die ein Infizierter in einer vollständig empfänglichen Population ansteckt.
    • Beispiel:
      • Masern: R0=12−18R_0 = 12 - 18
      • COVID-19: R0=2−5R_0 = 2 - 5
  • Effektive Reproduktionszahl RtR_t: Tatsächliche Anzahl an Neuinfektionen in der Bevölkerung unter Berücksichtigung von Immunität und Maßnahmen.
    • Rt≤R0R_t \leq R_0 durch:
      • Erworbene Immunität.
      • Nicht-pharmazeutische Interventionen (NPIs) wie Masken, Social Distancing.

📉 5. Modellierung von Infektionskrankheiten

SIR-Modell (Susceptible-Infected-Recovered)

dSdt=−βSI\frac{dS}{dt} = -\beta S I dIdt=βSI−γI\frac{dI}{dt} = \beta S I - \gamma I dRdt=γI\frac{dR}{dt} = \gamma I

  • SS: Anfällige Personen.
  • II: Infizierte Personen.
  • RR: Genesene Personen (nicht mehr anfällig).
  • β\beta: Infektionsrate.
  • γ\gamma: Genesungsrate (γ=1/D\gamma = 1/D, wobei DD die mittlere Krankheitsdauer ist).
  • Reproduktionszahl in diesem Modell: R0=βγR_0 = \frac{\beta}{\gamma}

SEIR-Modell (Susceptible-Exposed-Infected-Recovered)

dSdt=−βSI\frac{dS}{dt} = -\beta S I dEdt=βSI−σE\frac{dE}{dt} = \beta S I - \sigma E dIdt=σE−γI\frac{dI}{dt} = \sigma E - \gamma I dRdt=γI\frac{dR}{dt} = \gamma I

  • EE: Exponierte Personen (infiziert, aber noch nicht infektiös).
  • σ\sigma: Übergangsrate von EE nach II (σ=1/L\sigma = 1/L, wobei LL die Latenzzeit ist).

Agentenbasierte Modellierung (ABM)

  • Individuen in einer Population haben eigene Charakteristika und Verhaltensweisen.
  • Simulation basierend auf sozialen Kontakten, Mobilität, Haushalten etc.
  • Beispiel: Ferguson et al. (2020) für COVID-19.

📊 6. Unsicherheiten in der Modellierung

Quellen der Unsicherheit:

  1. Messunsicherheit (Underreporting, Testverzögerungen).
  2. Datenvorverarbeitung (Datenqualität, Inkonsistenzen).
  3. Modellparameter (Schätzwerte für R0R_0, Inkubationszeit).
  4. Modellannahmen (z. B. konstante Kontaktwahrscheinlichkeiten).

Unsicherheitsreduzierung:

  • Bayesianische Methoden (hierarchische Modelle).
  • Bootstrapping zur Abschätzung von Unsicherheiten.
  • Vergleich mit realen Beobachtungsdaten.

📈 7. Nicht-pharmazeutische Interventionen (NPIs)

  • Ziel: Reduktion von RtR_t, um die Infektionswelle zu verlangsamen.
  • Strategien:
    • Social Distancing
    • Maskenpflicht
    • Schulschließungen
    • Lockdowns
    • Isolierung von Infizierten

📌 8. Fazit

✅ Infektionskrankheiten können direkt oder indirekt übertragen werden.
Epidemiologische Kernkonzepte: Reproduktionszahl R0R_0, Inkubationszeit, Generationszeit.
Mathematische Modelle (SIR, SEIR) helfen, die Ausbreitung zu verstehen.
Agentenbasierte Modelle simulieren individuelle Infektionswege.
Unsicherheiten in Daten und Modellparametern müssen berücksichtigt werden.
Nicht-pharmazeutische Maßnahmen sind entscheidend zur Kontrolle von Epidemien.