📌 Studiendesign – Cheat Sheet

Einführung in die medizinische Statistik – Wintersemester 2024/25


🏥 1. Evidenz-basierte Medizin

  • Definition: Nutzung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz zur medizinischen Entscheidungsfindung.
  • Ziel: Kombination von klinischer Expertise mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Verbesserung der Patientenversorgung.

Evidenzhierarchie

  1. Randomisierte kontrollierte Studien (RCTs)
  2. Kohortenstudien
  3. Fall-Kontroll-Studien
  4. Querschnittstudien
  5. Ökologische Studien
  6. Fallstudien und Fallserien

📊 2. Ökologische Studien

  • Untersuchung der Häufigkeit von Krankheiten in Populationen oder Subpopulationen (strata).
  • Verwendung von mittleren Expositionen oder Surrogaten zur Analyse.
  • Beispiel: Studie zur Cholera-Epidemie in London 1854 (John Snow).

Ökologischer Bias

  • Statistische Assoziationen auf aggregierter Ebene können sich nicht auf individuelle Ebene übertragen lassen.
  • Beispiel: Ein hoher Alkoholkonsum in einer Region bedeutet nicht zwangsläufig, dass alle Individuen dort mehr trinken.

Beispielstudien:

  • John Snow (1854): Cholera und Trinkwasserqualität.
  • Ploubidis et al. (2012): Tuberkulose in Europa.
  • Nikolopoulos et al. (2011): H1N1-Sterblichkeit und Gesundheitsausgaben.

📈 3. Querschnittstudien

  • Daten werden zu einem bestimmten Zeitpunkt erfasst.
  • Gut zur Generierung von Hypothesen über Zusammenhänge.
  • Beispiel: Ernährung und Bluthochdruck in einer Bevölkerung.

Vorteile
✅ Schnell und kostengünstig.
✅ Ermöglicht Vergleich zwischen Gruppen.

Nachteile
❌ Keine Aussage über Kausalität (nur Korrelationen).
❌ Verzerrung durch selektive Teilnahme möglich.


⚖️ 4. Fall-Kontroll-Studien

  • Vergleich von Fällen (erkrankte Personen) mit Kontrollen (gesunde Personen).
  • Retrospektiv: Untersuchung, welche Faktoren zur Erkrankung beigetragen haben könnten.

Odds Ratio (OR)

Fall (Krank)Kontrolle (Gesund)
Exponiert
Nicht exponiert

Interpretation:

  • → Exposition ist mit höherem Risiko assoziiert.
  • → Exposition ist mit niedrigerem Risiko assoziiert.

Beispielstudien

  • Doll & Hill (1950): Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs.
    • 709 Lungenkrebs-Patienten vs. 709 gesunde Kontrollpersonen.
    • Berechnetes Odds-Ratio (OR) = 14.04 → Raucher haben ein 14-fach höheres Risiko für Lungenkrebs.

Vorteile
✅ Geeignet für seltene Krankheiten.
✅ Vergleich mehrerer Risikofaktoren möglich.

Nachteile
❌ Keine direkte Berechnung des Relativen Risikos (RR) möglich.
Rückblickende Datenerhebung kann zu Verzerrungen führen.


📉 5. Kohortenstudien

  • Prospektive Beobachtung von Exponierten und Nicht-Exponierten über einen längeren Zeitraum.
  • Ermittlung des Relativen Risikos (RR):
Fall (Krank)Gesund
Exponiert
Nicht exponiert

Interpretation:

  • → Exposition erhöht Risiko.
  • → Exposition schützt vor Krankheit.

Beispielstudien

  • British Doctors Study (1951–2001): Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Rauchen und Mortalität über 50 Jahre.

Vorteile
✅ Gute zeitliche Analyse, da exponierte und nicht exponierte Personen verglichen werden.
✅ Kann Inzidenz messen.

Nachteile
Hohe Kosten und lange Dauer.
❌ Ungeeignet für seltene Krankheiten (da zu wenige Fälle auftreten).


🔬 6. Vergleich der Studiendesigns

StudiendesignKausalitätsnachweisKostenBeobachtungsdauerEignung für seltene ExpositionenEignung für seltene Krankheiten
Ökologische Studie💰📉
Querschnittstudie💰📉
Fall-Kontroll-Studie💰💰📉
Kohortenstudie💰💰💰📈

📊 7. Nutzung von Routinedaten

  • Sekundärdatenanalyse: Verwendung bereits erhobener Daten für neue Fragestellungen.

Datenquellen

  • Krankenhausdaten
  • Versicherungsdaten
  • Registerstudien

Vorteile
✅ Große Stichproben.
✅ Kostengünstig.
✅ Reale Versorgungsbedingungen werden abgebildet.

Nachteile
❌ Daten wurden nicht für die wissenschaftliche Analyse erhoben.
❌ Unklare Datenqualität und fehlende Standardisierung.


8. Wichtige Fragen bei Studiendesigns

  • Welche Art von Studiendesign passt zur Forschungsfrage?
  • Welche Verzerrungen (Bias) können auftreten?
  • Sind die Daten verlässlich und vergleichbar?

📌 Zusammenfassung:
Fall-Kontroll-Studien eignen sich für seltene Krankheiten.
Kohortenstudien sind gut für seltene Expositionen.
Ökologische Studien können zu Fehlinterpretationen führen (ökologischer Fehlschluss).
Routinedaten können wertvoll sein, aber Datenqualität ist kritisch.